Die Lokalstudie untersucht, wie soziale Beziehungen in Lüneburg vom späten 13. bis zum frühen 16. Jahrhundert beschrieben wurden. Ein umfangreiches Korpus von administrativen, gerichtlichen und testamentarischen Texten wird daraufhin überprüft, in welchem Verhältnis die Formen gesellschaftlich-rechtlicher Beziehungen zu den Schriftpraktiken und deren Eigenlogik standen. Eine solche Fragstellung setzt voraus, dass soziale Beziehungssysteme untersuchbare kommunikative Funktionen erfüllen müssen, so etwa: Benennung und Adressierung, die Zuweisung von Eigentum sowie Verstetigung und Überprüfung von Transferformen.
Diese Funktionen unterlagen, so die Hypothese der Untersuchung, im fraglichen Zeitraum erheblichem Transformationsdruck vor allem durch die massive Expansion pragmatischer Schriftlichkeit. Davon ausgehend lautet eine These, dass die sukzessive Erfindung unterschiedlicher Abstraktionen von Verwandt-Sein eine Reaktion auf diesen Druck ist. Verwandtschaften stellen sich in diesem Sinne weniger als vormoderne Gegebenheiten, sondern als praktisch, semiotisch und materiell entwickelte Ordnungstechniken dar, die Zurechenbarkeit nach spezifischen Figuren erzeugen und naturalisieren.
Prof. Dr. Bernhard Jussen
Goethe-Universität Frankfurt
Historisches Seminar
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Dr. Karin Gottschalk
Goethe-Universität Frankfurt
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