Michael Leemann

Wissenschaftlicher Mitarbeiter der DFG-Kollegforschungsgruppe "Polyzentrik und Pluralität vormoderner Christentümer"

Mission und Anthropologie. Zur Geschichte von „Rasse“ im 18. Jahrhundert (eingereichte Dissertation)

Dass „Rasse“ in der Frühen Neuzeit womöglich erfunden, sicherlich aber entscheidend geprägt wurde, ist zu einem Konsens der Rassismusforschung gereift. Denn in die Frühe Neuzeit fallen verschiedene Prozesse der Systematisierung menschlicher Vielfalt, ihrer Genealogisierung sowie ihrer Somatisierung in Blut, Haut und Knochen. Wesentlichen Anteil an dieser Forcierung von Rasse hatte die Naturgeschichte des 17. und 18. Jahrhunderts, die schnell zur Garantin anthropologischer Wahrheit wurde. Gelehrte wie François Bernier, Carl von Linné oder Immanuel Kant übertrugen nicht alleine das Wort „Rasse“ von Tieren auf Menschen, sondern versuchten, die Menschheit in verschiedene Gruppen zu unterteilen und diese wiederum zu hierarchisieren.

Das Dissertationsvorhaben geht der Frage nach, wie sich in gelehrten Rassekonzepten religiöse Differenzsetzungen niederschlugen. Am Beispiel der Geschichte der Mission der evangelischen Brüder auf den caraibischen Inseln S. Thomas, S. Croix und S. Jan soll gezeigt werden, wie ein Denken in religiösen Zugehörigkeiten als „natürlich“ verstandene Alterität inspiriert hat – und umgekehrt. Die 1777 in Barby erschienene Geschichte der Mission ist die gekürzte Fassung eines 3000-seitigen Manuskripts von Christian Georg Andreas Oldendorp, der darin unter anderem über die „Sklavenmission“ der Herrnhuter Brüdergemeine in Dänisch-Westindien berichtete. Das Werk diente Anthropologen wie Johann Friedrich Blumenbach, Christoph Meiners oder Samuel Thomas Soemmerring als eine der Referenzen für die taxonomische Einteilung der Menschheit in Rassen. Das Projekt soll sich mit einer Untersuchung der Herrnhuter Missionspraxis in Dänisch-Westindien in die Forschung zu Slave Religions einfügen, aber der medialen Wirksamkeit Rechnung tragen, mit der religiöse und rassifizierte Hierarchien den begrenzten Kontext der Mission überstiegen und in Gewissheiten über Kultur, Geschichte und Natur übersetzt wurden.

  • seit 05/2023: Wissenschaftlicher Mitarbeiter in der DFG-Kollegforschungsgruppe „Polyzentrik und Pluralität vormoderner Christentümer“ (POLY), Lehrstuhl für Geschichte der Frühen Neuzeit an der Goethe-Universität Frankfurt am Main (Prof. Dr. Birgit Emich)
  • 2/2017–4/2022: Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Kulturgeschichte des Mittelalters und der Frühen Neuzeit an der Georg-August-Universität Göttingen (Prof. Dr. Peter Burschel)
  • 11/2021 und 4/2022: Forschungsaufenthalt in Paris (gefördert durch Mobilitätsbeihilfen des Deutsch-Französischen Doktorandenkollegs)
  • 7/2020–9/2020: Forschungsaufenthalt an den Franckeschen Stiftungen zu Halle (gefördert durch das Dr. Liselotte Kirchner-Stipendienprogramm)
  • 08/2013–01/2017: Studentische Hilfskraft am Lehrstuhl für Europäische Geschichte der Frühen Neuzeit an der Humboldt-Universität zu Berlin
  • 04/2013–01/2017: MA-Studium, Geschichtswissenschaften, Humboldt-Universität zu Berlin
  • 09/2008–01/2013: BA-Studium, Allgemeine Geschichte und Deutsche Sprach- und Literaturwissenschaft, Universität Zürich, Schweiz
  • Geschichte von Rassismus in der Frühen Neuzeit
  • Geschichte des Pietismus, insbesondere der Herrnhuter Brüdergemeine
  • Körpergeschichte
  • Wissenschaftsgeschichte
  1. „Weiße“ und „schwarze Schafe“. Versklavung, Rassismus und Religion in Berichten zur Herrnhuter Mission in Dänisch-Westindien, in: Aust, Cornelia/Flüchter, Antje/Jarzebowski, Claudia (Hg.): Verglichene Körper. Normieren, Urteilen, Entrechten in der Vormoderne, Stuttgart 2022 (Studien zur Alltags- und Kulturgeschichte 35), S. 137–160.
  2. Like Squirrels. Religious Dissent and the Body of the „Savage“ in Marie de l’Incarnation’s Writings, in: Fischer, Elisabeth/Tippelskirch, Xenia von (Hg.): Bodies in Early Modern Religious Dissent. Naked, Veiled, Vilified, Worshipped, London/New York 2021 (Routledge Studies in Early Modern Religious Dissents and Radicalism), S. 174–193.
  3. Reinheit, Rasse, Rauch. Eine Annäherung an Rassismus im medizinischen Tabakdiskurs des europäischen 17. Jahrhunderts, in: Saeculum. Jahrbuch für Universalgeschichte 66/2 (2016), S. 269–288.
  • Bericht zur Tagung „Embodying Reformation“, 19.–20. Mai 2023, Bad Homburg v.d. Höhe, in: H-Soz-Kult, 01.12.2023 (→ Online lesen)
  • Rezension zu Hessayon, Ariel (Hg.): Jane Lead and her Transnational Legacy, Basingstoke 2016 (Christianities in the Trans-Atlantic World, 1500–1800), in: Studies in Puritanism and Piety Journal 2 (2020), S. 75–79.
  • Bericht zur Tagung „Verschränkte Ungleichheit. Praktiken der Intersektionalität in der Frühen Neuzeit“, 9.–10. März 2016, Greifswald, in: H-Soz-Kult, 21.05.2016 (→ Online lesen)
  1. „Weiße“ und „schwarze Schafe“. Versklavung, Rassismus und Religion in Berichten zur Herrnhuter Mission in Dänisch-Westindien, in: Aust, Cornelia/Flüchter, Antje/Jarzebowski, Claudia (Hg.): Verglichene Körper. Normieren, Urteilen, Entrechten in der Vormoderne, Stuttgart 2022 (Studien zur Alltags- und Kulturgeschichte 35), S. 137–160.
  2. Like Squirrels. Religious Dissent and the Body of the „Savage“ in Marie de l’Incarnation’s Writings, in: Fischer, Elisabeth/Tippelskirch, Xenia von (Hg.): Bodies in Early Modern Religious Dissent. Naked, Veiled, Vilified, Worshipped, London/New York 2021 (Routledge Studies in Early Modern Religious Dissents and Radicalism), S. 174–193.
  3. Reinheit, Rasse, Rauch. Eine Annäherung an Rassismus im medizinischen Tabakdiskurs des europäischen 17. Jahrhunderts, in: Saeculum. Jahrbuch für Universalgeschichte 66/2 (2016), S. 269–288.
  • Bericht zur Tagung „Embodying Reformation“, 19.–20. Mai 2023, Bad Homburg v.d. Höhe, in: H-Soz-Kult, 01.12.2023 (→ Online lesen)
  • Rezension zu Hessayon, Ariel (Hg.): Jane Lead and her Transnational Legacy, Basingstoke 2016 (Christianities in the Trans-Atlantic World, 1500–1800), in: Studies in Puritanism and Piety Journal 2 (2020), S. 75–79.
  • Bericht zur Tagung „Verschränkte Ungleichheit. Praktiken der Intersektionalität in der Frühen Neuzeit“, 9.–10. März 2016, Greifswald, in: H-Soz-Kult, 21.05.2016 (→ Online lesen)

Kontakt

Michael Leemann
Norbert-Wollheim-Platz 1
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Tel: 069/798-32600
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E-Mail: leemann@em.uni-frankfurt.de