Ausstellungs- und Forschungsprojekt mit dem Frankfurter Goethe-Haus, Freies Deutsches Hochstift 

Projektbeginn: 1. April 2011

Laufzeit der Ausstellung: September bis Dezember 2012

Projektleitung Ausstellung: Dr. Vera Hierholzer

Projektleitung Publikation: Prof. Dr. Sandra Richter, Universität Stuttgart

Wissenschaftliche Mitarbeit: PD Dr. Ralf Banken

Projektbeschreibung:

Johann Wolfgang von Goethe, der große Sohn der Stadt Frankfurt am Main, ist als Dichter und Denker bekannt, als Naturwissenschaftler und als Zeichner. In der öffentlichen Wahrnehmung fand dagegen bisher wenig Beachtung, dass Goethe sich auch intensiv mit dem trockenen Thema Geld und ökonomischen Fragen seiner Zeit auseinandersetzte. Dies zeigt nun erstmals eine groß angelegte Ausstellung, die das Frankfurter Goethe-Haus gemeinsam mit dem Lehrstuhl für Wirtschafts- und Sozialgeschichte der Goethe-Universität vorbereitet und im Rahmen der Goethe-Festwoche im Frühherbst 2012 eröffnet. Zur Ausstellung erscheint eine umfangreiche wissenschaftliche Begleitpublikation mit Beiträgen international renommierter Fachleute.

Ausstellung und Publikation beleuchten Goethes Umgang mit Geld in all seinen Facetten. Neben dem über Generationen aufgebauten Vermögen des bürgerlichen Frankfurter Elternhauses, den engen Beziehungen zu Frankfurter Bankiersfamilien und Goethes geschicktem Taktieren mit seinen Verlegern gilt das Interesse seinen vielfältigen Tätigkeiten am Hof zu Weimar. Ein Jahrzehnt beschäftigte sich Goethe als Leiter der Finanzverwaltung intensiv mit wirtschafts- und finanzpolitischen Problemstellungen, reformierte das Steuerwesen, verfasste ein Währungsgutachten, kümmerte sich um den Chausseebau und bemühte sich um die Wiederbelebung des Silberbergbaus in Ilmenau. Damit einher ging ein lebhafter Austausch mit führenden Ökonomen der Zeit; eingehend setzte Goethe sich mit den wichtigsten zeitgenössischen Wirtschafts- und Gesellschaftstheorien auseinander.

Im Zentrum des Projekts steht die These, dass Goethes Position in vielfacher Hinsicht typisch für das ökonomische Denken und Handeln in einer Epoche des Übergangs von der vormodernen zur kapitalistischen Wirtschaft war. Goethe vereinte in seiner Person charakteristische Gegensätze seiner Zeit: Als Bürgersohn aufgewachsen diente er dem Adel und setzte sich zugleich unternehmerisch und risikofreudig für das Wohl des ‚gemeinen Volkes‘ ein. Von hausväterlichen und ständischen Vorstellungen geprägt wandte er sich suchend neuen ökonomischen Ideen zu. Goethe begeisterte sich für technische und wirtschaftliche Innovationen wie die Eisenbahn und das Papiergeld – jedoch nicht ohne kritisch deren Konsequenzen für die altbewährten Lebens- und Wirtschaftsformen zu hinterfragen. Diese Ambivalenz spiegelt sich auch in seinen literarischen Werken wider, insbesondere durchzieht die Auseinandersetzung mit den Chancen und Risiken des anbrechenden Industriezeitalters den zweiten Teil des Faust. Die berühmte Szene der Schaffung des Papiergelds markiert die spannungsreiche Konstellation, die Goethes Epoche kennzeichnet, – und verweist heute in den Zeiten der Finanz- und Eurokrise auf Probleme der Gegenwart. Die erstaunliche Aktualität Goethes wird von Ausstellung und Publikation immer wieder aufgegriffen, gleichzeitig werden die literaturwissenschaftliche und die wirtschaftshistorische Perspektive bewusst miteinander verflochten.

Kontakt

Goethe-Universität
Historisches Seminar
Wirtschafts- und Sozialgeschichte
Norbert-Wollheim-Platz 1
60629 Frankfurt am Main