Projekte und Dissertationsthemen im Forschungsfeld 2 "Vergangenheit als Argument in der politischen Kommunikation"

Ferne Vergangenheiten als Vorbild, Gegenbild oder Zerrbild im politischen Diskurs

Der Rückbezug auf eine Vergangenheit, die aus der Sicht der Akteure in weiter Ferne liegt, ist in den unterschiedlichsten historischen Epochen ein wichtiges Argument im politischen Diskurs. Diese Vergangenheit kann gerade im Vergleich zur näheren oder auch nächsten Vergangenheit idealisiert oder aber abgelehnt werden. [mehr...]

Mögliche Dissertationsthemen:

  • Die Ionische Kolonisation im politischen Diskurs der nachklassischen Zeit
  • Antike Gründungsfeste und ritualisierte Ferne
  • Das Bild der Tyrannis in den Reden bei Herodot und Diodor
  • Das archaische Rom bei Ennius und in der republikanischen Annalistik
  • Das archaische Rom im politischen Denken der römischen Kaiserzeit
  • Die neue Vergangenheit Roms in flavischer Zeit. Der politische Diskurs in Literatur und bildender Kunst
  • Alttestamentarische Herrscher und Kaiserkritik im 4. Jahrhundert n. Chr.
  • Die römische Republik als Exempel im Konflikt christlicher und heidnischer Eliten (4.-6. Jahrhundert)
  • Etrurien als Ideal im italienischen politischen Denken der 18. Jahrhunderts
  • Germanen und Römer im süddeutschen politischen Diskurs des 19. Jahrhunderts
  • Das Urchristentum im politischen Diskurs des 19. Jahrunderts
  • Die slawische Vorgeschichte im politischen Denken der DDR
  • Ostpreußen im deutschen politischen und literarischen Diskurs der 80er und 90er Jahre des 20. Jahrhunderts
  • Alexander der Große als strategisches Vorbild - ein revival im aktuellen Diskurs?

Nationale Geschichte als Artefakte im 19. und 20. Jahrhundert (Deutschland, Italien, Österreich)

Im Zuge der wissenschaftlichen Professionalisierung der historischen Disziplinen hat sich im Lauf des 19. Jahrhunderts eine Form der Geschichtsschreibung herausgebildet, die ihr Hauptaugenmerk auf Die Entstehung der modernen Nation gerichtet hat. Die älteren wie auch die jüngeren, sich erst ausbildenden Nationalstaaten erkannten die Notwendigkeit der "inneren" Nationsgründung und betrachteten die Erzählung ihrer Entstehungsgeschichte als eine der Möglichkeiten zur Herstellung von nationaler Identität. [mehr...]

Mögliche Dissertationsthemen:

  • Die "dynastische" Geschichtsschreibung: Savoyer, Hohenzollern, Habsburg
  • "Nationale" Geschichte vs. Lokalgeschichte: Untersuchungen zur politischen Kommunikation in heimatgeschichtlichen Vereinen
  • Volk, Nation, Staat in der Begründung des nationalen Geschichtsdiskurses (Risorgimento, Bismarck-Mythos, kleindeutsche / großdeutsche Geschichtsschreibung)
  • Nationalgeschichte nach 1918: Die (Re-)Konstruktion nationaler Identitäten in der Zwischenkriegszeit (Weimarer Republik, erste Republik in Österreich, italienischer Faschismus)
  • Kontinuitäten und Brüche im nationalgeschichtlichen Diskurs nach 1945 (DDR, BRD, Republik Italien, Zweite Republik in Österreich)

Die politische Sprache des staatlichen und gesellschaftlichen Neuanfangs nach 1945. Die Auseinandersetzungen mit dem Faschismus und die Hinwendung zur "westlichen" Werteordnung in Deutschland, Österreich und Italien im Vergleich

Nach dem Ende der diktatorischen Regime war die öffentliche Diskussion durch die Frage beherrscht, wie der Sieg des Faschismus/Nationalsozialismus zu erklären sei und welche Konsequenzen für den politischen Neuanfang hieraus zu ziehen seien. Zwar sind hier Einzelaspekte bereits wissenschaftlich erforscht, doch ist der Vergleich mit anderen Staaten im Nachkriegseuropa kaum systematisch vollzogen worden; selbst der deutsch-deutsche Vergleich ist nur selten in den Blick gekommen. [mehr...]

Mögliche Dissertationsthemen:

  • Individuum versus Massengesellschaft. Die Diskussion um die Ursachen des Massenanhangs der Faschisten/Nationalsozialisten bei Christdemokraten und Liberalen
  • Der militärische/kirchliche/Arbeiterwiderstand in der Gedenkrhetorik in Italien, Österreich, der Bundesrepublik Deutschland und der DDR
  • Risorgimento und Vormärz/Paulskirche als nationales "Erbe" nach 1945
  • "Europa" als politisches Konkurrenzthema zwischen christdemokratischen und sozialdemokratischen Parteien
  • Rituale der öffentlichen Erinnerung
  • Sprachen der Politik. Demokratie, Kalter Krieg, Resistenza, Antifaschismus. Vergleiche zwischen Italien, Österreich und die Bundesrepublik Deutschland

Der Europadiskurs nach 1989 - "Einheit in der Vielfalt"

Mit dem Ende des Kalten Krieges und dem Beitritt der vormals in den Warschauer Pakt eingebundenen Länder setzte eine neue Phase des europäischen Einigungsprozesses ein. Durch die Verträge von Maastricht (1993), von Amsterdam (1999) und Nizza (2003) wurde die Einigungspolitik geographisch ebenso wie inhaltlich erheblich ausgeweitet. [mehr...]

Mögliche Dissertationsthemen:

  • Die Debatte um den Europäischen Verfassungsvertrag
  • Das Europäische Parlament als Diskursraum
  • Die Debatte um die Grenzen Europas
  • Die Debatte um die Identität Europas und der Beitrittswunsch der Türkei
  • Die Idee der Nation als geographische, kulturelle und politische Form im vereinten Europa am Beispiel einzelner Beitrittsländer
  • Gibt es ein gemeinsames europäisches Geschichtsbewusstsein? Der Diskurs über die beiden europäischen "Totalitarismen" in den Niederlanden/Belgien und in Lettland/Estland
  • Der Diskurs über regionale Identität, nationale Souveränität und Europa am Beispiel einzelner Minderheiten

Wissenschaften im öffentlichen Raum

Seit der Mitte des 17. Jahrhunderts beanspruchten die sich entfaltenden experimentellen Wissenschaften ihre Freiheit von politischer und/oder religiöser Funktionalisierung. Das äußerte sich u.a. in den in England einsetzenden Akademiegründungen, die sich seitdem in ganz Europa konstatieren lassen. [mehr...]

Mögliche Dissertationsthemen:

  • Wissenschaftliche Politikberatung (20. Jahrhundert)
  • Die politische Bedeutung der naturwissenschaftlichen Kongresse im 19. und 20. Jahrhundert
  • Politische Terminologie und politische Metaphern in der naturwissenschaftlichen Prosa
  • Wissenschaftliche Instrumente und politischer Diskurs: Globographen und Fürsten am Ende des 17. Jahrhunderts

Soziale Räume als Konstrukt der politischen Kommunikation von der Antike bis zur Gegenwart

Bis in die 1990er Jahre war es weitgehend üblich, Veränderungen in der Beschreibung sozialer Realitäten und der Wahrnehmung von Zeitabläufen als Ausdruck des Wandels sozialer Realitäten oder empirischer Erfahrungen von Distanzen zu deuten. Veränderungen in der Beschreibung wurden daher als Ausdruck neuer sozialer Strukturen gedeutet, die sich etwa im Zuge des Aufstiegs der antiken bzw. mittelalterlichen Ritter, der ‚gentry', des Bürgertums oder der Angestellten konstituierten. Seit den 1990er Jahren hat sich - vor allem in der angelsächsischen Forschung - der Blick dafür geschärft, daß Beschreibungen sozialer Ordnungen (wie die ‚normaler' Zeitabläufe) politische Implikationen haben und teilweise, bisweilen auch primär, durch politische Zielsetzungen motiviert wurden. [mehr...]

Mögliche Dissertationsthemen:

  • Soziale Dichotomien: plebs urbana und plebs rustica von der Klassischen zur Späten Römischen Republik
  • Die Beschreibung der antiken Demokratie in der internationalen althistorischen Forschung des 19. Jahrhunderts
  • Die politische Funktion des Bürgertumsbegriffs in Deutschland und Italien im langen 19. Jahrhundert
  • Die Beschreibung der "mésoi" in zeitgenössischen Beschreibungen der kaiserlichen römischen Gesellschaft
  • Zeit als Faktor des politischen Diskurses in den Jahren der außenpolitischen Konkurrenz um 1900
  • Die Konturierung sozialer Schichten im Rahmen exemplarisch analysierter Steuersysteme des 19. und 20. Jahrhunderts im transnationalen Vergleich
  • Das Konstrukt "frühbürgerliche Revolution" als politisches Deutungsmuster des 20. Jahrhunderts

Kontakt

Sprecherin:
Prof. Dr. Luise Schorn-Schütte
schorn-schuette@em.uni-frankfurt.de

Koordinator:
Dr. Magnus Ressel

Geschäftsstelle:
Susanne Bayer-Spears
Claudia Pätzold

Johann Wolfgang Goethe-Universität
Historisches Seminar
IGK Politische Kommunikation
Norbert-Wollheim-Platz 1
60323 Frankfurt am Main

Telefon +49 (0)69 798 32595
Telefax +49 (0)69 798 32596