Paul Alke

Wissenschaftlicher Werdegang

  • Seit April 2017: Promotionsstipendiat der Friedrich-Ebert-Stiftung
  • Seit April 2017: Doktorand am Lehrstuhl für Zeitgeschichte Europas seit 1918
  • März 2015: Erste Staatsexamen für das Lehramt an Gymnasien
    Titel der Examensarbeit: Kommunistische Intellektuelle in Jugoslawien zwischen dem Ende der 1920er und der Mitte der 1930er Jahre (ausgezeichnet mit dem Preis für hervorragende Abschlussarbeiten des historiae faveo Förder- und Alumnivereins der Geschichtswissenschaften der J.W. Goethe-Universität Frankfurt am Main)
  • 2010-2016: Studium Geschichte und Französisch für das Lehramt an Gymnasien in Frankfurt am Main und Paris
  • 2011-2015: Stipendiat der Grundförderung der Friedrich-Ebert-Stiftung

Dissertationsprojekt

Linksintellektuelle der Zwischenkriegszeit. Eine transnationale Geschichte von Ideen und ihren Verflechtungen zwischen Jugoslawien und dem westlichen Europa 1918-1941

Das erste Jugoslawien, wie es nach dem Ersten Weltkrieg durch den Vertrag von Trianon geschaffen wurde, galt als ökonomisch und politisch hoffnungslos rückständig. Dass diese Annahme lange für den Kulturbereich analog angenommen wurde, mag bei Analphabetenraten von bis zu 84% in einigen Regionen nicht verwundern. Die neuere Forschung hat begonnen, dieses Bild zu korrigieren und die jugoslawische Literatur- und Kulturgeschichte der Zwischenkriegszeit zu rehabilitieren, wenngleich häufig aus nationalgeschichtlicher Perspektive.

Die jugoslawischen Linksintellektuellen dieser Zeit – Sozialdemokraten, Sozialisten, Kommunisten –, die sich solchen nationalen Narrativen aufgrund ihrer Ansichten und Wirkungsweisen häufig entzogen, wurden in der Forschung aus diesem und anderen Gründen bisher vernachlässigt. Ihnen lastete häufig auch das Vorurteil an, willfährige Adepten der Moskauer Linie zu sein und keine eigenen kulturellen und intellektuellen Impulse gesetzt zu haben. Diese Sichtweise scheint nicht zuletzt von der sozialistischen Historiographie nach dem Zweiten Weltkrieg geprägt gewesen zu sein, die in der Legitimation des Titoismus nicht auf jene zwischenkriegszeitlichen Eliten zurückgreifen wollte oder konnte sowie von der Erinnerungspolitik der jugoslawischen Nachfolgestaaten, deren Motto der ehemalige kroatische Premierminister Ivo Sanader mit den Worten „Antifaschismus ja, Sozialismus nein“ treffend zusammenfasste.

Dieses Dissertationsprojekt soll diese Forschungslücke schließen und anhand ausgewählter Beispiele die ideologische wie stilistische Vielfältigkeit der jugoslawischen Linksintellektuellenszene der 1920er und 1930er Jahre illustrieren. Dabei liegt der Fokus auf transnationale Verflechtungen und Inspirationen von Schriftstellern, Verlegern und Künstlern wie Miroslav Krleža, Stevan Galogaža, Koča Popović, Pavle und Oto Bihali. Ihre Netzwerke endeten keineswegs an vermeintlichen ethnischen Grenzen innerhalb des Staates, noch an den Außengrenzen des Königreichs der Serben, Kroaten und Slowenen. Tatsächlich verfügten sie über aktive und mannigfaltige Kontakte zu europäischen intellektuellen Größen jener Zeit wie Karl Kraus, André Breton,  Henri Barbusse, den Gebrüdern Mann oder Johannes R. Becher, um nur einen kleinen Ausschnitt zu nennen. Um der Frage nachzugehen, wie sich diese Verflechtungen gestalteten, welchen Einfluss sie auf das Denken und Handeln der jugoslawischen Intellektuellen und welche Bedeutung diese wiederum für kulturelle und politische Debatten in ihrer Heimat hatten, vereint diese transnationale Intellektuellengeschichte unterschiedliche methodische Ansätze wie netzwerkanalytischen Herangehensweisen, literaturwissenschaftliche und biographische Betrachtungen sowie diskurstheoretische Erwägungen, besteht aber auf eine enge Kontextualisierung mit politischer sowie Kultur- und Sozialgeschichte des jungen Königreichs, an dessen Abschaffung die Linksintellektuellen Zeit seines Bestehens arbeiteten und dafür Zensur, Verfolgung, Folter und sogar Tod zu erleiden hatten. Davon ausgehend soll weiterhin gefragt werden, welche Perspektiven die Akteure auf Jugoslawien und Europa hatten und welche konkreten Vorstellungen und Hoffnungen sie an zukünftige Gestaltungsmöglichkeiten richteten. In diesem Zusammenhang spielen Dichotomien von Moderne/Rückständigkeit, Zentrum/Peripherie und Europa/Balkan eine bedeutende Rolle für die Analyse von Selbst- und Fremdwahrnehmung der Intellektuellen.

Die Untersuchung stützt sich auf unterschiedliche Quellengattungen, vor allem auf die in großer Zahl veröffentlichten Kulturzeitschriften (u.a. „Književna Republika“, „Nova Literatura“, „Nadrealizam danas i ovde“) und Tageszeitungen (z.B. „Vreme“, „Politika“), auf sonstige Publikationen (Romane, Pamphlete, Manifeste etc.) auf erhaltene Korrespondenzen der Intellektuellen, aber auch auf Dokumente staatlicher Stellen (bspw. Gerichtsakten, Akten der Gestapo für Jugoslawien) und soll damit ein breites Verständnis der Epoche und ihrer Akteure ermöglichen. Darüber hinaus wird die vorhandene Forschung in die Untersuchung miteinbezogen und Wert auf den Kontakt zu aktuellen Forschungsprojekten in den Ländern des ehemaligen Jugoslawiens und andernorts gelegt.


Publikationen

Tagungsbericht: "Und wenn wir einfach aufhörten?" Kulturen des Krieges und des Friedens im Jahr 1917 – Vorläufer, Folgen und Echos, 27.09.2017 – 29.09.2017 Frankfurt am Main, in: H-Soz-Kult, 22.02.2018, www.hsozkult.de/conferencereport/id/tagungsberichte-7566, gemeinsam mit Carla Reitter.

 

Kontakt

Goethe-Universität Frankfurt am Main
Norbert-Wollheim-Platz 1
Raum  IG 3.453
60323 Frankfurt am Main
paulalke@posteo.de