hsaka 2019: Faked News und Alternative Facts

742_logo_hsaka_orange

Faked News und Alternative Facts. Von Fälschungen (in) der Geschichte

Fake News, Propaganda, Instagram-Filter, Deepfakes, Desinformation, Clickbaiting – für Historiker*innen sind das alles Old News! Denn bei genauerem Hinsehen entpuppt sich Geschichte als eine wilde Sammlung von Ungenauigkeiten, tendenziösen Halbwahrheiten und bisweilen dreisten Lügen. Seit Beginn der Geschichtsschreibung wird geschönt, gefiltert und gelogen, dass sich die Balken biegen – der Umgang damit gehört zum Alltag in der Geschichtswissenschaft.

Und tatsächlich können Historiker aufzeigen, dass es bei der aktuellen Fake News-Debatte um viel mehr geht als „nur“ um Journalismus. Von politischen Systemkrisen über historische Narrative bis hin zu vorsätzlicher Beeinflussung sind viele „Verfälschungen“ wichtig für den gesellschaftlichen Diskurs über Wahrheit und Unwahrheit. Das methodische Vorgehen von Historiker*innen kann hier zur Dekonstruktion von gegenwärtiger (und zukünftiger) politischer Propaganda beitragen.

Im Kurs werden wir also Fälschungen der Vergangenheit aufdecken und uns gerade dadurch das Rüstzeug für den Umgang mit Alternative Facts der Gegenwart verschaffen.

740_hsaka-flyer-jue

Wahl der Kursthemen und Vorbereitung

Auch wenn Fake News heutzutage allgegenwärtig sind, fällt ihr Verständnis uns nicht einfach so in den Schoß. Es braucht vor alem zu Beginn harte Arbeit an der Geschichte und an sich selbst. Unser Arbeiten beginnt natürlich mit einer intensiven und umfangreichen Vorbereitung und geht dann nahtlos auf Burg Fürsteneck weiter.

Dazu erarbeitet Ihr Euch in der Vorbereitung zunächst ein Thema aus der folgenden Auswahl auf Grundlage eines zentralen wissenschaftlichen Textes. Dazu entwickelt Ihr erste Ideen für eine Umsetzung auf der Burg. In den ersten Sitzungen der Schülerakademie erstellt Ihr dann gemeinsam das Sitzungskonzept anhand eigener Recherchen – all das in einem Team aus zwei Schüler*innen und einem/r Betreuer*in pro Thema. Wichtig ist hierbei, dass es keine Referate-Sitzungen gibt. Die Ergebnisse entstehen in praktischen Übungen, Diskussion, gemeinsamer Textarbeit – immer in Kooperation und Interaktion aller Beteiligten.

Folgende Themen stehen dieses Jahr zur Wahl:

740_geschichtsfaelschung

Geschichtsfälschung

Stell dir vor, es wird eine Siegessäule errichtet für einen Sieg, den es nie gab. Ramses II. ließ die Siegessäule (den Obelisk von Luxor) nach einer beinahe verlorenen Schlacht im 13. Jahrhundert v. Chr. Aufstellen – für die Nachwelt war aber lange Zeit nicht klar, dass es keinen Sieg gab, bis weitere Funde diese klassische Geschichtsfälschung aufdeckten. So etwas könnte uns heute aber nicht mehr passieren, oder?

Stell dir vor, jemand schreibt Hitlers Tagebücher über die Ereignisse des Zweiten Weltkriegs, aber dieser jemand ist nicht Adolf Hitler. Konrad Kujau fälschte die „Hitler-Tagebücher“ und verkaufte sie dann an den „Stern“. Dieser veröffentlichte die Tagebücher 1983– ungeprüft. Aber so etwas könnte uns im Jahr 2019 nicht mehr passieren, oder?

Beide Ereignisse, durch 3000 Jahre getrennt, haben eines gemeinsam: Sie sind Produkte von Geschichtsfälschern. Wir werden uns auf die Spuren dieser Konzepte begeben.

Wenn du also Lust hast, die Ereignisse um die gefälschten Hitler-Tagebücher genauer zu untersuchen und auch mit einem Podcast zu diesem Thema zu arbeiten, dann bist du hier genau richtig. Du solltest außerdem Spaß am kreativen Arbeiten haben und den Mut mitbringen, dein eigenes Konzept von „wahr“ und „falsch“ zu hinterfragen.

Willst Du es genauer wissen? Lies hinein in den Grundlagentext für dieses Thema... (passwortgeschütztes PDF, nur S. 26-38!)

740_geschichtsklitterung

Geschichtsklitterung

SKANDAL! DOCH KEINE HEXENVERFOLGUNG IM MITTELALTER!

Unser Bild des Mittelalters, in dem die Hexenverfolgung einen selbstverständlichen Platz hat, muss korrigiert werden. Denn es handelt sich hierbei um eine Verfälschung, für die an erster Stelle Schlamperei und Pfusch einiger Historiker verantwortlich sind. Wie aber konnte dies über 100 Jahre in den Geschichtswissenschaften unbemerkt bleiben?

In kriminalistischer Kleinarbeit wollen wir die spannenden Details hinter der reißerischen Fassade dieser Geschichte der Verfälschung aufdecken, an denen viel mehr gezeigt werden kann als nur die Kategorie richtig / falsch. Historiker*innen bezeichnen solche Phänomene als Geschichtsklitterung und erklären mit diesem Modell unbeabsichtigte Fälschungen oder historisch gewachsene Ansichten, die auf Missverständnissen basieren.  

Dieses Thema ist das richtige für Dich, wenn Du Freude am detektivischen Nachspüren der einzelnen Zusammenhänge und verschiedene Arten von Fälschungen hast und dich für die intensive Auseinandersetzung mit einem anspruchsvollen englischen Text begeistern kannst. 

Willst Du es genauer wissen? Lies hinein in den Grundlagentext für dieses Thema... (passwortgeschütztes PDF)

740_invented-traditions

Invented Traditions

„7 – 5 – 3 Rom schlüpft aus dem Ei“ – jeder von euch kennt vermutlich den Spruch über die sagenbehaftete Stadtgründung Roms durch Romulus und Remus. Der römische Geschichtsschreiber Fabius Pictor schrieb das Datum und die dazugehörige Geschichte im 3. Jahrhundert v. Chr. erstmalig aus römischer Sicht nieder. Die erfundene Erzählung über die zwei Brüder wurde später noch von vielen Geschichtsschreibern wie bspw. Livius oder Plutarch aufgegriffen und gezielt in die Tradition der Römer*innen eingefügt. Rom scheint also tatsächlich aus dem Ei geschlüpft zu sein!

Die Fachwissenschaft nennt diese Art der erfundenen Traditionsbildung „Invented Tradition“. Mit einer solchen wollen wir uns im Kurs näher beschäftigen, und zwar mit der Darstellung von „1848“ als demokratischer Revolution in unseren Schulbüchern. Denn natürlich gibt es auch heute noch „Inventions of Tradition“ und damit verbundene Verfälschungen der Vergangenheit – zum Beispiel bei der 1848er-Revolution.

Wir werden uns sowohl mit der Sicht der Geschichtswissenschaft auf „1848“ als auch mit ihrer Darstellung im Schulbuch auseinandersetzen. Dabei werden die Gestaltung von Schulbuchseiten und die verwendeten Bilder eine große Rolle spielen. Sei bereit, dein Schulbuch mit anderen Augen zu betrachten und zu hinterfragen, wie dort Vergangenheit zu Geschichte gemacht wird!

Willst Du es genauer wissen? Lies hinein in den Grundlagentext für dieses Thema... (passwortgeschütztes PDF)

740_nationale-mythen

Nationale Mythen

Ein knapp 17-jähriges Bauernmädchen führt das französisches Heer siegreich in die Schlacht und wird zur Retterin Frankreichs. Jeanne d’Arc ist die vielleicht bekannteste und früheste Heldin der abendländischen Geschichte. Fast 600 Jahre nach ihrem Tod bleibt „Die Frau des Jahrtausends“ (Historienfilm, 1999) im kulturellen Gedächtnis durch Romane, Filme, Comics, Manga und Fachliteratur weiterhin lebendig. Als Nationalmythos ist sie Ausgangspunkt politischer Debatten und wird sowohl vom linken als auch vom rechten politischen Spektrum für propagandistische Zwecke vereinnahmt. Doch was hat die Jeanne d'Arc von damals mit dem Nationalmythos von heute zu tun? Wie entsteht überhaupt ein Nationalmythos?

Diesen und weiteren Fragen werden wir gemeinsam nachgehen. Mit Hilfe der Geschichtswissenschaften wollen wir Verfremdungen der Vergangenheit aufzeigen und die Merkmale nationaler Mythen herausstellen. Jeanne d'Arc wird uns dabei als Beispiel dienen, und wir werden untersuchen, welche Besonderheiten sie als Mythos so attraktiv machen. Zu diesem Zweck werden wir verschiedene Medien wie Film, Comic und Literatur, aber auch politische Debatten auswerten.

Die persönliche Offenheit für die verschiedensten Medienarten ist für dieses Thema unerlässlich. Ebenfalls ist ein Interesse an der interdisziplinären Betrachtung der Thematik über die Geschichte hinaus wünschenswert.

Willst Du es genauer wissen? Lies hinein in den Grundlagentext für dieses Thema... (passwortgeschütztes PDF)

740_luegenpresse

Lügenpresse

„Fake News“ ist nicht nur Unwort des Jahres 2016, sondern auch ein Begriff, der aus dem heutigen Weltgeschehen nicht mehr wegzudenken ist. Die Allgemeinheit mag mit dem Begriff vor allem ein Medienphänomen der Gegenwart – und hier seit Neuestem vor allem Donald Trump – verbinden, doch das deutsche Pendant, die „Lügenpresse“, kann auf eine jahrhundertelange Geschichte zurückblicken. Doch was bedeutet das für uns, dass schon so lange gelogen wie gedruckt wird?

Wir werden diesem Phänomen auf die Spur gehen und uns gemeinsam mit den Fragen auseinandersetzen, woher der omnipräsente Begriff der „Lügenpresse“ kommt und welche Bedeutungen ihm früher und heute zugeschrieben wurden. Dabei werden wir uns im Besonderen mit dem politischen Stellenwert des Begriffs auseinandersetzen und seine gesellschaftliche Wirkung analysieren.

Unsere Zeitreise wird uns aus der Fake News-Debatte der Gegenwart in verschiedene Epochen führen: sowohl in das 19. Jahrhundert zur Zeit der Deutschen Revolution wie auch in die Weimarer Republik im 20. Jahrhundert. Wer ein Interesse für diese Zeitabschnitte hat und sich für die Geschichte und Entwicklung von Begriffen und ihren Bedeutungen interessiert, ist bei diesem Thema genau richtig.

Willst Du es genauer wissen? Lies hinein in den Grundlagentext für dieses Thema... (passwortgeschütztes PDF)