PD Dr. Korinna Schönhärl

Forschungsprojekte und -aktivitäten

Eine internationale Kulturgeschichte der Steuermoral - Heisenberg-Forschungsprojekt

Warum zahlen Menschen ihre Steuern? Warum ist das Niveau der Steuermoral in unterschiedlichen Ländern so verschieden? Die Verbesserung der Steuermoral ist - in Zeiten großer Haushaltsdefizite und wachsender sozialer Ungleichheit - eine große globale Herausforderung. Sozialwissenschaftler weisen auf die Bedeutung von Geschlecht, Erziehung, Höhe der Besteuerung, religiöse Bindungen etc. hin – Faktoren, die allesamt dem historischen Wandel unterworfen sind. Aber die sozialwissenschaftlichen Daten reichen nicht weiter zurück als bin in die 1980er Jahre. Die historische Dimension des Phänomens wurde bisher nicht untersucht. Das Forschungsprojekt, das im Rahmen des Heisenberg-Programms der DFG bearbeitet wird, vergleicht die Steuermoral in der BRD, Spanien und den USA zwischen den 1940er und den 1980er Jahren transnational.

Geld und Internationale Politik von der Antike bis ins 20.Jahrhundert. Geld spielt seit der Antike eine wichtige Rolle in den zwischenstaatlichen Beziehungen. Es ist – neben den diplomatischen Verhandlungen, dem Recht und der Gewalt – das wichtigste Instrument zur Durchsetzung von Interessen zwischen Staaten. Die vierte Tagung der Arbeitsgruppe Internationale Geschichte des VHD (Vereins der Historikerinnen und Historiker Deutschlands), die am 18./19 März 2021 im Geldmuseum der Deutschen Bundesbank in Frankfurt am Main stattfinden wird, wird sich daher mit dem Thema Geld in den internationalen Beziehungen von der Antike bis zum 20. Jahrhundert befassen.

DFG-Netzwerk: Schulden machen im 20. Jahrhundert (Julia Rischbieter, Konstanz, und Stefanie Middendorf, Halle)

Staatsschulden sind kein Phänomen der jüngeren Vergangenheit. Bereits am Ende des 19. Jahrhunderts finanzierten sich Staaten über Kredite und nahmen für deren Tilgung ihre Bürger in die Pflicht. Dabei spielten nicht nur ökonomische Entwicklungen eine Rolle. Welche politischen und sozialen Ursachen sich für die Verschuldung von Staaten ausmachen lassen, untersucht ein neues Wissenschaftliches Netzwerk an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) und der Universität Konstanz. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) fördert das Netzwerk drei Jahre mit knapp 50.000 Euro.

DFG-Netzwerk: Ökonomie und Moral. Normativität und Wirtschaftshandeln im langen 20. Jahrhundert: Wissen, Dinge, Praktiken (Benjamin Möckl, Oxford).

Ökonomie und Moral gelten häufig als getrennte Sphären oder Antipoden. Das Netzwerk stellt diesen Gegensatz in Frage. Begreift man ökonomisches Handeln im Kern als soziales Handeln, das in enger Wechselwirkung mit historisch wandelbaren und konkurrierenden normativen Ordnungen steht, eröffnen sich vielfältige neue Perspektiven. Ausgangspunkt ist ein nicht-normativer, historisierender Moralbegriff, der für die Analyse von ökonomischen Systemen, Handlungszusammenhängen und Diskursen fruchtbar gemacht werden kann. Das Spektrum möglicher Forschungsgegenstände reicht von kapitalismuskritischen Debatten und alternativen Konsumformen bis zu Legitimationen des freien Marktes und ökonomischen Alltagsroutinen, die als embodied practices die ökonomisch-soziale Praxis strukturierten.

Leitungskomitee der AG Internationale Geschichte des Verbandes der HistorikerInnen

Die AG Internationale Geschichte setzt sich die Förderung dieses Forschungszweiges zum Ziel. Weitere Informationen finden sich hier.

Wissenschaftlicher Beirat des Fachinformationsdienst Ost-, Ostmittel- und Südosteuropa

Der Fachinformationsdienst bei der Staatsbibliothek München richtet sich mit einem breiten und modernen Angebot an die multidisziplinäre Forschung zum östlichen und südöstlichen Europa. Kern des Dienstes ist die überregionale Bereitstellung von Spezialliteratur. Das Suchportal finden Sie hier.

Buchpublikationen

   European Investment in Greece in the Nineteenth Century. A Behavioural Approach to Financial History

Banking historiography often does not sufficiently take into account bankers’ deliberations of their decision making, but rather limits investigation to considerations of profit maximisation. This book shows that the decision-making processes of nineteenth-century bankers contemplating high-risk financial markets like Greece are just as complex as present-day investment decisions.

The book, now published in English after a first German edition, offers in-depth studies of decision making in concrete historical situations, considering political and economic circumstances and also the individual background of the actors concerned, including a reflection on the influence of cultural movements such as Philhellenism. Employing methodological inspirations from the field of behavioural finance, the book analyses a broad range of published and unpublished English, French, Greek, German and Swiss sources on European investment in Greece between 1821 and the Balkan wars. Additionally, rich insights into Greek economic history, the economic integration of the country into Europe and long-lasting European stereotypes of Southern Europe and Greece are provided; this furthers understanding of the historical background of the Greek financial crisis after 2009.

In combining the perspectives of financial, economic, political and cultural history, this book is primarily significant for students of various fields of historiography. Due to its strong awareness of methodological questions, it is also of great interest to academic historians. In addition, the strong public interest in the Greek financial crisis after 2009 and its consequences for Europe will, thirdly, attract the interest of a broader public.

Rezension auf HSozKult von Maria Zarifi (Juni 2021)

Hier geht es zur Verlagsseite.

Finanziers in Sehnsuchtsräumen. Europäische Banken und Griechenland im 19. Jahrhundert (Habilitation, 2017)

Die internationalen Banknetzwerke leisteten einen wesentlichen Beitrag zur Finanzierung der Industrialisierung im 19. Jahrhundert. Wie aber kamen die Entscheidungen für bestimmte Projekte innerhalb der Banken zustande? Das Buch untersucht die Motivlagen und internen Entscheidungsstrukturen in den Banken. Als Fallbeispiel wird ein Nationalstaat gewählt, dessen Freiheitskampf und Unabhängigkeit in der europäischen Öffentlichkeit mit großer Emotionalität diskutiert wurde: Griechenland. In das kleine Königreich strömten seit Beginn seines Unabhängigkeitskampfes im Jahr 1821 Spenden, Anleihen und Direktinvestitionen aus ganz Europa, während die Intellektuellen dieser Länder für den Philhellenismus schwärmten. 1830 konnte sich Hellas von der osmanischen Herrschaft befreien und wurde in der Folge verstärkt als neuer Investitionsmarkt von europäischen Finanziers wahrgenommen. Am Beispiel Griechenlands werden die vielschichtigen Motive für Kapitalinvestitionen britischer, französischer, schweizerischer und deutscher Bankiers untersucht : Aus welchen Gründen entschieden sich die Geldgeber zu ihren Kapitaltransfers in das neue Hellas? Welche finanziellen, ideologischen, konfessionellen, familiären und politischen Aspekte wirkten zusammen, um die Taschen der Bankiers und Anleger für Griechenland zu öffnen? Das Projekt bietet eine Verknüpfung wirtschaftsgeschichtlicher mit politik- und kulturgeschichtlichen Fragestellungen und stellt Grundannahmen der Rational Choice Theorie in Frage: Im Zentrum des Interesses stehen die Fragen nach der Risikoperzeption, den Techniken des Risikomanagements und der Vertrauensbildung europäischen Geldgeber für ihr Engagement in Griechenland.
Die Fritz Thyssen Stiftung stellte die Reisegelder für das Projekt zur Verfügung. Die Habilitationsschrift wurde fertig gestellt während eines Stipendiums am Historischen Kolleg in München. Sie ist in der Schriftenreihe der Historischen Kommission der Bayerischen Akademie der Wissenschaften erschienen.

Das Buch wurde mit dem Sonderpreis der Stiftung "Geisteswissenschaften International" ausgezeichnet. Damit kommt das Buch in den Genuss der Übersetzungsförderung und wird in Kürze in Englischer Übersetzung bei Routledge erscheinen.

Pressemitteilung Börsenverein des Deutschen Buchhandels

Laudatio zur Verleihung des Sonderpreises der Stiftung "Geisteswissenschaften International"

Weitere Informationen auf der Verlagsseite: Vandenhoeck & Ruprecht

Decision Taking, Risk Management and Confidence in Banks from Early Modernity until the 19th Century (Tagungsband in englischer Sprache, 2017)

Wie fällen Bankiers ihre Entscheidungen? Wie nehmen sie Risiken wahr? Wie sieht ihr Risikomanagement aus? Wie wird im alltäglichen Bankgeschäft Vertrauen aufgebaut und wie wirkt es? Der Tagungsband ist Ergebnis eines Workshops am KWI Essen im Februar 2015. Er stellt verschiedene methodologische Ansätze vor, wie die oben genannten Fragen in der praktischen historiographischen Arbeit angegangen werden können. Die Angebote reichen von der Systemtheorie zur Behavioural Finance, von der Neuen Institutionenökonomie zur Praxeologie, von der Convention Theory zur Netzwerkanalyse. Die verschiedenen Ansätze werden nicht nur theoretisch vorgestellt, sondern in Fallstudien auf ihren Wert für die historische Forschung und insbesondere die Arbeit im Archiv hin überprüft. Die Fallstudien reichen von den Banknetzwerken der Frühen Neuzeit bis zur internationalen Computerisierung des Bankbetriebs im 20. Jahrhundert. Die Investitionsentscheidungen der Bankiers und ihr Risikomanagement im Wandel der Zeit sind zwei Schwerpunkte des Buches. Daneben steht auch die Rekrutierung neuer Partner und neuen Personals im Zentrum des Interesses. Ziel ist eine enge Verknüpfung von Banken-, politischer und Kulturgeschichte.

Mehr Informationen auf der Verlagsseite: Palgrave MacMillan.

Ruhr Area and Istanbul: The economies of urban diversity (Tagungsband in englischer Sprache, zusammen mit Monika Salzbrunn und Darja Reuschke, 2013)

Inwiefern werden ethnische und religiöse Minderheiten als ökonomisches Potential in Wirtschaft und Stadtpolitik betrachtet? Wie kann das ökonomische Potential von Minderheiten in Wirtschaft, Stadtplanung und Stadtentwicklung genutzt werden? Am Beispiel der beiden Kulturhauptstädte 2010, Istanbul und dem Ruhrgebiet, eröffnet das Buch eine innovative Sicht auf diese gesellschaftspolitisch drängenden Fragen, indem WissenschaftlerInnen und PrakterInnen Antworten aus unterschiedlichen Perspektiven/Disziplinen präsentieren und dabei konsequent Querbezüge zwischen Geschichte und Gegenwart herausgestellt werden.
Der Tagungsband, Ergebnis einer Tagung am KWI Essen im Rahmen der Global Young Faculty, ist im Oktober 2013 erschienen.

Weitere Informationen finden Sie auf der Verlagsseite: Palgrave MacMillan

Die Börse als Ort von Ressourcenkonflikten im 19. und 20. Jahrhundert (Hrsg.)

Seit 1975 ist die Zeitschrift "Bankhistorisches Archiv" ein Forum für die deutsche und internationale Banken- und Finanzgeschichtsforschung. Alle historischen Epochen abdeckend bietet die Zeitschrift Aufsätze, Miszellen und einen Besprechungsteil zu einem breiten Themenspektrum. Die Beiträge behandeln u.a. die Entwicklung ganzer Finanzsysteme wie auch einzelner Banken oder Sparten des Kreditwesens, sie betreffen die Münz- und Geldgeschichte, die Geld- und Währungspolitik oder auch die öffentliche Finanzwirtschaft. Die Zeitschrift vereint wirtschafts-, sozial- und auch politikgeschichtliche Fragestellungen und fördert ausdrücklich die Anwendung verschiedener Forschungsansätze, von deskriptiv-analytischen bis zu quantitativ-cliometrischen Methoden.

Schönhärl, Korinna (Editor), Die Börse als Ort von Ressourcenkonflikten im 19. und 20. Jahrhundert, Bankhistorisches Archiv 39 (Themenheft 2013) 1. 

Mehr Informationen auf der Seite von HSozKult.

Weiterführende Links

Wissen und Visionen. Theorie und Politik der Ökonomen im Stefan George-Kreis (Dissertation, 2009)

Der symbolistische Dichter Stefan George sammelte nach der Jahrhundertwende einen Kreis von Dichtern und Intellektuellen um sich, mit denen er arbeitete und lebte, und die er in ihrer wissenschaftlichen Tätigkeit unterstützte. Es überrascht zunächst, dass neben Literaturwissenschaftlern wie Friedrich Gundolf und Historikern wie Ernst Kantorowicz auch einige Wirtschaftswissenschaftler zu diesem "Staat" gehörten. Denn George, der alle Lebensbereiche dem der Kunst untergeordnet sehen wollte, stand dem modernen Kapitalismus sehr kritisch gegenüber und interessierte sich nicht für ökonomische Fragen. Warum übte der Dichter auf die Ökonomen dennoch eine so große Faszination aus, und wieso empfanden sie das Zusammensein mit ihm als Bereicherung für ihre wissenschaftliche Tätigkeit? Edgar Salin, Julius Landmann, Arthur Salz und Kurt Singer vertraten in praktischen wirtschaftspolitischen Fragen sehr unterschiedliche Standpunkte: hier reichte das Spektrum von gemeinwirtschaftlichen bis hin zu liberalen Positionen. In methodologischer Hinsicht dagegen profitierten sie alle von den gestalttheoretischen Ansätzen des George-Kreises, wie sie z.B. Edith Landmann ausarbeitete. Salin etwa entwickelte auf dieser Basis seine "Anschauliche Theorie" für die Volkswirtschaftslehre, die in einer Phase der methodologischen Verunsicherung des Faches nach dem Ende der Historischen Schule Orientierung bieten sollte.

Weitere Informationen finden Sie auf der Verlagsseite: De Gruyter

Das Ideal des schönen Lebens und die Wirklichkeit der Weimarer Republik. Vorstellungen von Staat und Gemeinschaft im George-Kreis (Tagungsband hg. zusammen mit Roman Köster, Werner Plumpe und Bertram Schefold)

Der in den Zwanziger Jahren erregt geführte Krisendiskurs erklärte die Gegenwartsprobleme der Weimarer Republik zum Höhepunkt einer Krise der Moderne insgesamt. Aus dieser Perspektive heraus erschien es sinnlos, die Verhältnisse zu reformieren, ein radikaler Neuentwurf war nötig, um die Strukturdefekte der Moderne zu überwinden. Diese Lage bildet den historischen Hintergrund, vor dem sich die im vorliegenden Band versammelten Beiträge mit den Vorstellungen von Staat und Gemeinschaft im George-Kreis beschäftigen. Den Anhängern des Dichters ging es darum, einer prekären Gegenwart das Ideal des 'schönen Lebens' gegenüberzustellen: als Heilmittel gegen Ordnungsverlust, gesellschaftliche Konflikte und innere Zerrissenheit. Die im George-Kreis entwickelten Gemeinschaftsvorstellungen zielten darauf ab, ausgewählten Mitgliedern die Möglichkeit zu geben, ihr ganzheitliches Menschsein zu entwickeln und ihre ästhetischen und intellektuellen Potentiale unter der Führung eines Meisters, Stefan Georges, zu entfalten. Die Frage, ob darüber hinaus durch das Modell einer solchen Gemeinschaft die Gesellschaft als Ganze verändert und ein "Neues Reich" geschaffen werden könnte, entstand bei einzelnen Mitgliedern des Kreises schon vor dem Ersten Weltkrieg, blieb jedoch heftig umstritten. Die Beiträge des Bandes analysieren auch, auf welche Weise sich die Vorstellungen von Staat und Gemeinschaft im Denken, in der literarischen und wissenschaftlichen Produktion sowie den Lebensentwürfen der Kreismitglieder manifestierten. Im Rahmen des George-Kreises wurde das Idealbild einer guten Ordnung nicht im Bereich des Utopischen belassen, sondern in der Lebens- und Forschungspraxis der Kreismitglieder zu verwirklichen versucht.

Weitere Informationen finden Sie auf der Verlagsseite: De Gruyter