hsaka 2018: Geschichte ist überall

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Geschichte ist überall. Geschichtskultur, Geschichtsbewusstsein und Erinnerungskultur

Geschichte ist überall – manchmal offenkundig, manchmal unbemerkt: in Büchern und auf Plakaten, in Filmen und Computerspielen, in den Nachrichten und in der Werbung, auf Straßenschildern und Denkmälern, bei Festen und in der Sprache, in unseren Familien und nicht zuletzt in der Schule.

Geschichte ist überall – unter diesem Titel wirbt auch eine Handreichung für Lehrkräfte dafür, „dass Erkenntnisse der Geschichtswissenschaften nicht nur fachwissenschaftlich bedeutend, sondern auch lebenspraktisch anwendbar sind“ (so das Bayrische Kultusministerium).

Dass Geschichte überall ist, hat also unmittelbare Auswirkungen auf uns. Diese Auswirkungen beschreibt und untersucht die Fachwissenschaft mit drei zentralen Begriffen: Geschichtskultur, Geschichtsbewusstsein und Erinnerungskultur. Dabei fragt sie ganz praktisch nicht nur nach dem Wo der Geschichte in unserem Alltag, sondern auch nach dem Wer, dem Wie und dem politisch brisanten Für wen…

Der Allgegenwart der Geschichte in ihrer medialen Vielfalt werden wir also mit kritischem Blick und den Mitteln der Wissenschaft begegnen – und so zu verstehen versuchen, weshalb ohne „Geschichte ist überall“ unsere Gesellschaft gar nicht möglich wäre.

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Wahl der Kursthemen und Vorbereitung

Auch wenn Geschichte überall ist, fällt ihr Verständnis uns nicht einfach so in den Schoß. Es braucht vor alem zu Beginn harte Arbeit an der Geschichte und an sich selbst. Unser Arbeiten beginnt natürlich mit einer intensiven und umfangreichen Vorbereitung und geht dann nahtlos auf Burg Fürsteneck weiter.

Dazu erarbeitet Ihr Euch in der Vorbereitung zunächst ein Thema aus der folgenden Auswahl auf Grundlage eines zentralen wissenschaftlichen Textes. Dazu entwickelt Ihr erste Ideen für eine Umsetzung auf der Burg. In den ersten Sitzungen der Schülerakademie erstellt Ihr dann gemeinsam das Sitzungskonzept anhand eigener Recherchen – all das in einem Team aus zwei Schüler*innen und einem/r Betreuer*in pro Thema. Wichtig ist hierbei, dass es ikeine Referate-Sitzungen gibt. Die Ergebnisse entstehen in praktischen Übungen, Diskussion, gemeinsamer Textarbeit – immer in Kooperation und Interaktion aller Beteiligten.

Folgende Themen stehen dieses Jahr zur Wahl:

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Historische Darstellungen in aktuellen TV-Serien

Netflix, Amazon Prime, Sky, Maxdome – noch nie waren durch Streaming-Anbieter so viele aktuelle wie ältere Filme und Serien für Zuschauer*innen allzeit abrufbar, noch nie war dadurch die Auswahl so groß. Besonders auffällig ist das große Interesse an Historischem: Game of Thrones, Outlander und die Vikings, aber auch Downton Abbey – insbesondere historische Serien feiern große Erfolge.  

Wir werden gemeinsam der Frage nachgehen, was denn eigentlich historische Serien so interessant macht. Im Fokus stehen hierbei die von den Filmemacher*innen bewusst oder unbewusst gewählten Darstellungsformen von Geschichte. Dies könnten – je nach gewählter Serie – zum Beispiel die Charakterentwürfe, die Wahl der Schauplätze, die sozialen Beziehungen, die Ausstattung und Kostüme oder die Sprache sein.   

Als Grundlage unserer Untersuchungen dient uns ein Artikel von Saskia Handro über den Stellenwert des (klassischen) Fernsehens für die Geschichtskultur. Ihre Thesen werden wir für das „moderne Fernsehen“ aktualisieren und auf eine gemeinsam ausgewählte historische Serie anwenden.

Willst Du es genauer wissen? Lies hinein in den Grundlagentext für dieses Thema... (passwortgeschütztes PDF)

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Historische Narration in Videospielen

Habt ihr euch auch schon mal gefragt, wie sich Geschichte und Erzählung zueinander verhalten? Was bleibt eigentlich von Geschichte übrig, wenn sie in eine (Spiel-)Handlung eingefügt ist, deren Erleben Sinn des Spiels ist? Was passiert, wenn die sonst so fern und abstrakt erscheinende Vergangenheit in Gestalt einer Hauptfigur und ihren Erlebnissen für die Spielenden greifbar wird?

Unter Historiker*innen haben diese Fragen bisher wenig Beachtung gefunden, obwohl Videospiele global ein weit verbreitetes Hobby sind und durch ihren interaktiven Charakter ein potenziell wirksames Medium zur Narration von Geschichte sein können.

Der Geschichtskurs ist daher die ideale Gelegenheit für uns, diesen Fragen nachzugehen! Wir begeben uns damit aus Sicht der Geschichtswissenschaft auf Neuland und werden Erfahrungen zu den narrativen Möglichkeiten von Geschichte in Videospielen experimentell machen. Die Bereitschaft zum Videospielen ist für dieses Thema daher zwingend erforderlich, ebenso ein starkes Interesse an  der Struktur und Konstruktion von Erzählungen.

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Immersionserfahrungen in „historischen“ Videospielen

Videospiele haben in den letzten Jahren das Buch und den Film als erfolgreichste Medien abgelöst. Allein in Deutschland beschäftigen sich ca. 42% der Bevölkerung aktiv mit Videospielen, und dieser Trend scheint nicht zurückzugehen. Aber was hat das jetzt mit Geschichte zu tun? Auf den ersten Blick gar nichts – beim genaueren Hinsehen zeigt sich jedoch, dass es eine enorme Fülle an „historischen“ Videospielen gibt, z.B. Assassin’s Creed oder Age of Empires.

Und diese Entwicklung rückt nun auch verstärkt in den Fokus der Geschichtswissenschaft. Man beschäftigt sich z.B. mit den Auswirkungen solcher Spiele auf unsere Geschichtskultur, mit der Darstellung historischer „Fakten“ und der damit einhergehenden Wahrnehmung von Geschichte usw. Wir werden uns darum auch mit einem Aspekt beschäftigen, nämlich mit den sog. Immersionserfahrungen in „historischen“ Videospielen. Unter dem Begriff „Immersion“ wird das (möglichst vollständige) Eintauchen der Rezipient*innen in eine virtuelle und sinnliche Erfahrungswelt verstanden. Wir fragen uns: Welche psychologischen Prozesse werden beim Spielen aktiviert? Verhalten sich Immersionserfahrungen bei allen Rezipient*innen gleich? Können wir diese emotionsgeleiteten Immersionserfahrungen aus dem Spiel in die Realität transportieren?

Wir wollen untersuchen, wie sich die neuartigen Immersionserfahrungen durch „historische“ Videospiele auf unsere Wahrnehmung von Geschichte auswirken. Dazu werden wir natürlich viele Videospiele spielen, uns dabei beobachten und das alles reflektieren.

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Emotion in historischen TV-Dokumentationen

Gefühle gehören in die Freizeit, ins Kino, zum Schmökern von Romanen oder zu einem privaten Fernsehabend. Geschichte als Wissenschaft, so die bis heute weit verbreitete Auffassung, ist eine Betätigung des Verstandes, der rationalen Argumentation und des aufgeklärten Denkens, das an „Fakten“ und „Quellen“ geübt wird.

Andererseits sind es gerade die historischen Romane, Spielfilme und Fernsehdokumentationen, in denen die Charaktere und persönlichen Geschichten unser Interesse für Historie wecken können. Darum beschäftigen sich Neurowissenschaftler, Kunsthistoriker und Psychologen inzwischen auch intensiv mit der Frage, wie genau die Betrachtung von (bewegten) Bildern unsere persönliche Erkenntnis bereichert. Denn dass Denken und Fühlen, sinnliches Erspüren und logisch-sachliche Argumentation einander bereichern, gilt als bestätigt.

Wir werden dieser Spur nachgehen und am Beispiel der bekannten Dokumentarserien von Guido Knopp erforschen, mit welchen medialen Mitteln hier gearbeitet wird und welche Wirkung diese auf uns ausüben. Wir wollen so herausfinden, wie die „Geschichte für Trottel“ und ihre „stümperhafte Desinformation“ (FAZ), das „Histotainment“ im Sinne von „Geschichtspornografie“ (taz) dennoch Geschichte(n) mit einer kollektiv-identitätsstiftenden Funktion erzählen kann.

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#holocaust – Emotionen jugendlicher Gedenkstättentouristen

Die Erinnerung an den Holocaust hat sich im digitalen Zeitalter verändert! Videos sind zu einem wichtigen Instrument des „Erinnerns“, „Begreifens“ und „Bewahrens“ geworden, vor allem da es immer weniger Holocaust-Überlebende gibt, die von ihren Erfahrungen berichten können. Besonders interessant ist hierbei das Phänomen von „Besuchervideos“, bei denen Jugendliche die bereisten Gedenkstätten dokumentieren. Die Videoprodukte zu privaten, emotionalen und „authentischen“ Momenten zeigen eine subjektive Auseinandersetzung mit der Vergangenheit: Die Jugendlichen erzeugen eine eigene Version der Geschichte, laden sie auf YouTube hoch und teilen sie in den sozialen Netzwerken.

Wir setzen uns mit der emotionalen Dimension von Gedenkstätten und dem digitalen Umgang von Jugendlichen mit dem Holocaust auseinander. Hierbei analysieren wir YouTube-Videos hinsichtlich der verschiedenen Aneignungsstrategien der Jugendlichen, beispielsweise zu verwendeten Bildern, Animationen, Texten und Tonspuren oder zugehörigen Kommentaren im Internet. Die untersuchten Materialien schneiden wir zu einem eigenen Film zusammen.

Technische Voraussetzungen sind dafür nicht notwendig, jedoch Interesse für die theoretische Erarbeitung der Themengebiete Gedenken und Emotionen.

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