Frankfurt POLY Lectures

SS 2022

Ukraine Fellow Lectures on Polycentricity and Plurality of Premodern Christianities

Well before war returned to our continent, both the Chair for Early Modern History and the POLY Research Group at Frankfurt University had been a venue for talks, workshops, and less formal discussions on the striking variety of denominations, religions, and religious dynamics in Central and Eastern Europe between Christianities, Judaism, and Islam as well as between and within intersecting brands of Orthodox, Catholic, and Protestant Christianities. As we had come to discover the region as an excellent vantage point to explore the plurality and polycentricity of premodern Christianities, further plans were under way. The POLY Fellowship Program for displaced Ukrainian scholars is by consequence a natural haven for students of medieval and early modern religion in the region to go on with their lives and continue their research. While our thoughts are with the three future fellows who are still in Ukraine, in this POLY Lecture Series we are honored to give the floor to three eminent specialists in the field who could already join us in Frankfurt.

The Fellow Lectures will be held as a hybrid event. To participate online, register here: pluralchristianities@em.uni-frankfurt.de

WS 2021 / 2022

Revisiting Confessionality – Konfessionen auf dem Prüfstand

Der Begriff der Konfession ist in der Erforschung frühneuzeitlicher Christentümer fest verankert. Mag er umgangssprachlich sehr unspezifisch jedwede Untergruppierung einer Religion meinen, ist der Terminus Konfession in der geschichtswissenschaftlichen Literatur für jene mit der Reformation entstehenden christlichen Kirchentümer reserviert, die sich auf eine konkrete Bekenntnisschrift (die Confessio) beziehen, aber auch in Verfassung und Lebensformen spezifische Ausprägungen aufweisen. Dieses enge Begriffsverständnis mag naheliegen. Schließlich haben sich zunächst und vor allem die Kirchen der Reformation durch die Formulierung eines eigenen Bekenntnisses, einer Confessio (Confessio Augustana, Heidelberger Bekenntnis, Confessio Helvetica etc.), überhaupt erst konstituiert. Aus diesen Confessiones, d.h. aus bestimmten Bekenntnisschriften, sind im Europa der Frühen Neuzeit mit seiner spezifischen Verschränkung von Staatsgewalt und Kirchenherrschaft („cuius regio, eius religio“) die Konfessionskirchen geworden: in Dogma, Organisation und Praktiken distinkte Kirchentümer, die fest in die Strukturen territorialer Herrschaft eingebunden waren und – so wenigstens die Kernthese der Theorie der Konfessionalisierung – im Prozess ihrer eigenen Ausbildung auch die Verdichtung frühneuzeitlicher Staatlichkeit vorangebracht haben.

Diese Rückbindung des Konfessionsbegriffs an ein schriftliches christliches Bekenntnis und an eine bestimmte Gesellschaftsformation kann erklären, warum der Konfessionsbegriff für vorreformatorische Epochen, außereuropäische Christentümer und nichtchristliche Religionen kaum Verwendung findet. Für die europäische Frühneuzeit scheint der Begriff der Konfession also geklärt, für andere Zeiten und Räume gilt er gerade deswegen als ungeeignet.

Dennoch könnte es sich lohnen, das Konzept der Konfessionen auf den Prüfstand zu stellen. Zum einen kann kein Zweifel daran bestehen, dass das Christentum in allen Phasen und Regionen eine Vielfalt an Strömungen aufwies, die mal als eigene Kirchen (z.B. Koptische Kirche), mal nach ihrer hierarchischen Verfassung etwa als Patriarchat, mal neutral als Denomination bezeichnet werden. Was diese Einheiten jeweils konstituierte, wie die Akteure selbst Grenzen zogen und Zugehörigkeit begriffen, welche Rolle hierbei Bekenntnisschriften, aber auch andere Faktoren spielten, wie sich diese religiösen Gruppenbildungen in der historischen Rückschau rekonstruieren und wie sie sich terminologisch auf den Begriff bringen lassen, soll im Rahmen der Vorlesungsreihe anhand verschiedener Konstellationen aus dem Feld der mittelalterlichen und außereuropäischen Geschichte diskutiert werden. Zu fragen wird dabei auch sein, ob sich der Konfessionsbegriff vielleicht doch schon vor oder jenseits der Reformation sinnvoll anwenden lässt. Vor allem aber ist zu klären, welche Alternativen zum Konfessionsbegriff jeweils benutzt werden und welche Implikationen diese Begriffe für die Erforschung vormoderner Christentümer haben.

Zum anderen erhebt sich auch bei den Konfessionen der Frühen Neuzeit die grundlegende Frage, inwieweit diese Kategorien die religiöse Identität frühneuzeitlicher Akteure tatsächlich erfassen. Handelt es sich bei den Konfessionen also um Grenzziehungen, die auch die Zeitgenossen geteilt hätten, oder haben wir es mit nachträglich gezimmerten Containern zu tun, in die spätere Betrachter die Menschen des frühneuzeitlichen Europa einsortierten? Zu klären wird also sein, wie die Akteure im sogenannten konfessionellen Zeitalter ihre religiöse Identität begriffen. Woran machten sie die Zugehörigkeit zu einer Konfession fest? Mit welchen Praktiken stellten sie diese Zugehörigkeit oder Konfessionalität her und dar? Welche Rolle spielte dabei die Confessio, welche Bedeutung kam anderen Faktoren zu? Welche sozialen Folgen hatte der Ein- bzw. Ausschluss aus der konfessionellen Gruppe? Und wie steht es mit religiösen Gruppenbildungen innerhalb oder quer zu den Konfessionen?

Insgesamt möchte die Vortragsreihe auf der terminologischen Ebene den Begriff der Konfessionen und seine Implikationen für die historische Forschung präziser bestimmen sowie mögliche konzeptionelle Alternativen und deren Folgen beleuchten. Zugleich soll es in der kritischen Auseinandersetzung mit den eingeführten Begriffen gelingen, das Phänomen religiöser Gruppenbildung aus der Sicht der historischen Akteure zu rekonstruieren. Um auch etablierte Vorannahmen auf den Prüfstand zu stellen, geht die Vorlesungsreihe von einigen sehr offenen Ausgangsfragen aus: Wie – und von wem – wurden christliche Gemeinschaften identifiziert, definiert und abgegrenzt? Welche Rolle spielten hierbei Dogma und Praktiken, Hierarchien und Verfahren, Texte und Objekte? Wie behandelten die historischen Akteure die Zugehörigkeit zu einer Konfession oder religiösen Gruppe in ihren Selbst- und Fremdbeschreibungen? Wie veränderte sich die Sicht späterer Betrachter auf Konfession und Konfessionalität? Und welchen Nutzen haben diese Begriffe für die Erforschung vormoderner Christentümer?

SS 2021

Pathways through Early Modern Christianities

Between April and June 2021, the Frankfurt Lectures on Pathways through Early Modern Christianities will virtually bring together a global community of scholars and students to discuss the fascinating nature of early modern religious life. This year' s lectures will focus on the analytical keys that structure this field: from tolerance to generations, uniformity to publicity. 10 pathbreaking scholars will reflect on a single concept that they have developed, fine-tuned, or embraced in their scholarship. Together, these lectures will help us reflect on how much we have now learned about early modern Christianities in their interconnected global context-and what exciting new travels could lie ahead.

Flyer

Contact

Prof. Dr. Birgit Emich
Historisches Seminar
Lehrstuhl für Geschichte der Frühen Neuzeit
Goethe-Universität
Norbert-Wollheim-Platz 1
D-60629 Frankfurt am Main
Tel.: +49-(0) 69/798-32594
E-Mail: emich[at]em.uni-frankfurt.de

Administration Office
Claudia Pätzold
Historisches Seminar
Lehrstuhl für Geschichte der Frühen Neuzeit
Goethe-Universität Frankfurt am Main
IG Farbenhaus 3.413
Norbert-Wollheim-Platz 1
D-60629 Frankfurt am Main
Tel.: +49-(0) 69/798-32595
E-Mail: c.paetzold[at]em.uni-frankfurt.de


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