Der Raub an der jüdischen Bevölkerung in Europa
Im Mittelpunkt des Habilitationsprojekts steht das Phänomen des Raubes an der jüdischen Bevölkerung in Europa zur Zeit des Zweiten Weltkriegs. Gefragt wird nach den Mechanismen, mit denen das nationalsozialistische Deutschland und seine Verbündeten in den okkupierten und kollaborierenden Ländern den Raub an der jüdischen Bevölkerung vollzogen. Die Frage der Restitution wird ebenso in den Blick genommen. Die Arbeit, die eine qualitative, keine quantitative Auswertung vornimmt, verfolgt eine integrierte Geschichtsschreibung, wobei der Fokus insbesondere auf die Perspektive der Verfolgten gelegt wird. Der organisierte und spontane Raub wird als ein Element jener Dynamik verstanden, die zum Holocaust führte. Der Fokus der Analyse liegt einerseits auf räumlichen und zeitlichen Entwicklungen, andererseits auf der Ebene von institutionellen und individuellen Akteuren und Akteurinnen. Das Vorhaben, einen länderübergreifenden, auf Ost- und Westeuropa gleichermaßen gerichteten Ansatz zu verfolgen, wird durch die neue umfassende Quellenedition »Die Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden durch das nationalsozialistische Deutschland 1933–1945« (VEJ) erheblich erleichtert, auf die sich die Arbeit als Ausgangspunkt stützt. Das Projekt soll einen Beitrag zur Kontextualisierung des Holocaust sowie zur Untersuchung von materiellen Aspekten der Verfolgungs- und Mordpolitik bis in die Gegenwart leisten.
Bearbeiterin: Dr. Veronika Duma
Geschichte des Hauses Burda im 20. Jahrhundert
Das Forschungsprojekt nimmt die Unternehmens- und Familiengeschichte des Hauses Burda in drei politischen Systemen (Weimarer Republik, Drittes Reich, Bundesrepublik Deutschland) als Teil und im Kontext einer übergreifenden Medien-, Gesellschafts- und Mentalitätsgeschichte in den Blick. Die 1908 im badischen Offenburg gegründete Druckerei wuchs rasch zu einem bedeutenden, durch medientechnische Innovationen getriebenen Druck- und Verlagshaus heran. So war ein erster unternehmerischer Erfolg von Franz Burda (1903–1986) mit der Herausgabe einer Programmzeitschrift (Sürag) für das ab der zweiten Hälfte der 1920er Jahre sich verbreitende neue Medium Radio verbunden. Mit der im »Dritten Reich« forcierten Verbreitung des gleichgeschalteten Rundfunks wuchsen Bedeutung und Auflagenzahl des Heftes. Nun erweiterte Burda seine Druckerei um eine hochmoderne Tiefdruckanlage. Mit der Übernahme des damals modernsten und größten deutschen Druckereiunternehmens Gebrüder Bauer in Mannheim, dessen jüdischer Besitzer zum Verkauf gezwungen wurde, beteiligte sich das Unternehmen an der nationalsozialistischen Politik der »Arisierung«. Im Krieg kam ein branchenspezifisches Engagement in der Kriegsproduktion hinzu. Der im Anschluss an eine rasche Entnazifizierung und durch geschicktes Arrangement mit der französischen Besatzungsmacht ermöglichte Einstieg ins Illustriertengeschäft begründete dann den Nachkriegserfolg des Familienunternehmens, das Aenne Burda 1950 um eine Modezeitschrift und zwei Jahre später um den Versand von Schnittmustern erweiterte und das seit den 1990er Jahren als Hubert Burda Media Holding KG firmiert.
Das Forschungsprojekt wird von einer Unabhängigen Wissenschaftlichen Kommission geleitet, der Prof. Dr. Norbert Frei (Jena), PD Dr. Tim Schanetzky (Essen) und Prof. Dr. Sybille Steinbacher (Frankfurt am Main) angehören. Am Kulturwissenschaftlichen Institut Essen ist ein weiterer Teil des Vorhabens angesiedelt.
Bearbeiter:
Dr. Martin Mainka, Lars Hollmann M.A.
Unter den etwa 200 Männern und Frauen, die seit 1990 Opfer rechter
Gewalt wurden, sind viele, die deshalb zu Tode kamen, weil die Täter sie
für »asozial«, überhaupt für »minderwertig« hielten. Die
nationalsozialistische Propaganda-Verheißung von der »Volksgemeinschaft«
unterschied »Volksgenossen« von »Gemeinschaftsfremden«. Zu letzteren
zählte im NS-Staat, wer unter die Kategorie der »Arbeitsscheuen«,
»Asozialen«, Homosexuellen und Kranken fiel. Sie störten das rassistisch
konturierte Gemeinschaftsideal, wurden ausgegrenzt, verfolgt und nicht
selten ermordet. Ziel des Forschungsvorhabens ist es zu untersuchen, wie
die nationalsozialistischen Maßnahmen von extrem rechten Akteuren nach
1945 aufgegriffen, aktualisiert, in politische Ordnungsvorstellungen
über die Gesellschaft der Bundesrepublik integriert und in Teilen auch
in die Tat umgesetzt wurden. Zu fragen ist, wie sich gesellschaftliches
»Wissen« über marginalisierte Gruppen seit dem Ende des
Nationalsozialismus diskursiv fortgeschrieben hat und welche
Anknüpfungspunkte sich der extremen Rechte stets aufs Neue dabei boten.
Nicht selten wurden die Maßnahmen, die der nationalsozialistische Staat
gegen »Gemeinschaftsfremde« ergriffen hatte, noch nach Kriegsende zu den
positiven Seiten des Regimes gezählt, was zeigt, dass ein repressives
und disziplinierendes Vorgehen gegen Kleinkriminelle, Sintizze und
Sinti, Romnja und Roma, sowie Unangepasste noch immer mehrheitsfähig
war. Untersuchen lässt sich, wie Aspekte extrem rechter Politik mit
Grundtendenzen demokratischer Gesellschaften kompatibel waren, in Form
und Inhalt aber erheblich radikalisiert wurden.
Förderung:
Schleicher-Stiftung
Bearbeiter: Dr. Niklas Krawinkel
Rechtsradikalismus in Deutschland nach 1945
In diesem Forschungsprojekt werden Konjunkturen des Rechtsradikalismus seit 1945 in den Blick genommen und im Zusammenhang mit zeithistorischen Entwicklungen analysiert. Es wird nach den Wandlungen, Kontinuitäten und Aktualisierungen des Phänomens Rechtsradikalismus gefragt. Welche Rolle kam der Aktivität von Jugendbünden und Wehrsportgruppen bei der Herausbildung rechter Lebenswelten und Gewaltdynamiken zu? Führten gesellschaftliche Entwicklungen zu Radikalisierungen im rechten Lager und beeinflussten rechtsradikale Kampagnen umgekehrt den Diskurs in der deutschen Öffentlichkeit? Waren personelle Netzwerke ehemaliger Nationalsozialisten entscheidend für die Etablierung neonazistischer Positionen? Das Verhältnis zwischen rechtem Rand und demokratischer Mehrheitsgesellschaft findet ebenso Beachtung wie wechselseitige Bezüge zwischen beiden deutschen Staaten.
Förderung:
Schleicher-Stiftung
Bearbeiter: Dr. Niklas Krawinkel
Die Geschichte der Goethe-Universität
Frankfurt am Main
im Nationalsozialismus und in der frühen Bundesrepublik
(Vorstudie, abgeschlossen)
Bearbeiter: Dr. Jason Lemberg
Rüstungsforschung an der Goethe-Universität in der NS-Zeit
(abgeschlossen)
Bearbeiter: Dr. Jason Lemberg