Vera Margerie-Seeboth

Kaiserliche Selbstdarstellung im Kontext. Religiöse Sprache als Medium politischer Kommunikation im 3. Jahrhundert (193-305)

Politik und Religion sind bis weit in die Neuzeit hinein eng miteinander verzahnt und daher auch bei der Betrachtung antiker Gesellschaften nicht voneinander zu trennen. Meine Arbeit analysiert ihre wechselseitige Durchwebung im dritten nach-christlichen Jahrhundert in zwei Strängen:

Zunächst geht es um die religiöse Selbstdarstellung der Herrscher von Septimius Se-verus bis Diocletian, in erster Linie um die je spezifischen Formen religiöser Fundierung des Kaisertums. Bereits im Wirken des ersten Severers scheinen Grund-muster angelegt, die für die Folgezeit von Bedeutung waren. Severus verknüpfte sein Herrschertum nicht nur mit einer langen Liste von divi und präsentierte auch die le-benden Familienmitglieder als domus divina, sondern "experimentierte" mit einer mehrdimensionalen und -deutigen Göttlichkeit der eigenen Person. Den nun folgen-den ‚Soldatenkaisern' wird ein konturiertes religiöses Programm meist abgesprochen, dennoch - so die These - entwickelte sich in diesem Zeitraum unter Rückgriff auf ältere Strukturen und in Wechselwirkung mit den Strömungen der Zeit - in erster Linie dem solaren Pantheismus und dem frühen Christentum - ein religiö-ses Arsenal, das für das Verständnis der Religionspolitik Diocletians und seiner Nachfolger unerläßlich ist.

Die jeweilige Selbstdarstellung eines Herrschers erscheint demnach in einem zweifa-chen kommunikativen Kontext: Zum einen ist sie eingebunden in die Vorgaben der Vorgänger und die Rezeption der Nachfolger, zum anderen bezogen auf die eigene Gegenwart, die Erfordernisse der Reichsregierung und den Erwartungs- und Ver-ständnishorizont der Untertanen.

Gerade jene das zwischenmenschliche Verhalten betreffende diskursive Dimension von Religion gilt es neben der Feststellung der Inhalte kaiserlicher Selbstdarstellung zu untersuchen: Einen zweiten Schwerpunkt bildet daher die auf die Herrscher be-zogene Reflexion der Reichsbevölkerung wie sie sich in der literarischen Produktion, vor allem aber in den Inschriften spiegelt: Wie wurde das kaiserliche ‚Programm' bei der Bevölkerung aufgenommen? Welche Bilder oder Elemente wurden rezipiert, welche ignoriert? Welche normativen und religiösen Erwartungen wurden von sei-ten einzelner gesellschaftlicher Gruppen formuliert?

Ziel ist die Herausarbeitung der zeitgenössischen Einsatzweise und Funktion religiö-ser Sprache als Medium der Kommunikation über Herrschaft und Herrschaftsausübung.

Erstbetreuer:

Prof. Dr. Dr. Manfred Clauss (Frankfurt/Main)

Zweitbetreuer:

Prof. Dr. Reinhold Bichler (Innsbruck)

Kontakt

Vera Margerie-Seeboth
vera.margerie@gmx.de