im letzten Drittel des 20. Jahrhunderts am Beispiel der Tourismus- und Tonträgerindustrie in West und Ost.

Förderer: DFG

Projektbeginn: 01.02.2009

Bearbeiter: Dr. Jörg Lesczenski und Christian Müller

 

Projektbeschreibung

Bei der Suche nach den „Strukturmerkmalen“ der deutschen, aber auch der europäischen Wirtschafts- und Sozialgeschichte rücken immer häufiger die 70er- und auch die 80er-Jahre des 20. Jahrhunderts in den Fokus der historischen Forschung. Zweifelsohne aus guten Gründen, neigten sich doch die ökonomischen Sonderbedingungen der Nachkriegszeit endgültig ihrem Ende entgegen (Ölpreisschock, die Erschütterung des Weltwährungssystems, der Niedergang traditioneller Industriezweige wie der Textil- und Montanindustrie, die wachsende Konkurrenz der Schwellenländer in Ostasien, ein „sozialkulturell tiefgreifender Bedürfnis- und Wertewandel“ etc.). Auch auf der Meso- und Mikroebene führten die „ökonomischen und sozialen Basistrends“ – einerseits die veränderten weltwirtschaftlichen Rahmenbedingungen hin zu globalisierten ökonomischen Kontexten, andererseits die Individualisierung und Ausdifferenzierung von Lebensläufen samt der Neigung zu hedonistischen Lebensformen - seit den frühen 70er-Jahren zu einem wachsenden Problemdruck.

Über die genauen Rückwirkungen und Folgen des ökonomischen und sozialen Wandels auf Branchen und Unternehmen ist hingegen noch sehr wenig bekannt. Das Frankfurter Teilprojekt verfolgt das Ziel, dem ökonomischem Strukturwandel im tertiären Sektor aus unternehmens- und akteurshistorischer Sicht nachzugehen, um das Bild des Strukturwandel der 1970er- und 1980er-Jahre und seiner Folgen in West und Ost zu überprüfen und zu konkretisieren. Mit den Unternehmen der Tourismus- sowie der Musik- und Tonträgerindustrie stehen dabei zwei bisher wenig beachtete „Gewinner-Branchen“ der großen strukturellen Veränderungen  im Mittelpunkt der Betrachtung, ohne die es keinen so nachhaltigen gesamtgesellschaftlichen Wandel hätte geben können. Kam etwa in Westdeutschland der beschleunigte wirtschaftliche und soziale Wandel für klassische Industrien (wie der Automobilindustrie) einer tiefgreifenden Krise gleich, eröffnete der sozioökonomische Transformationsprozess für die Tourismus- und Tonträgerbranche überhaupt erst neue Markt- und Wachstumschancen.

Die Untersuchung hat – erstens - die Absicht, einen Beitrag zur wirtschaftshistorischen Diskussion der „Drei-Sektoren-Theorie“ zu leisten. Vermutlich wird sich, so die Arbeitshypothese, am Beispiel der Tourismus- und Tonträgerindustrie die These von der Industrialisierung des Dienstleistungsbereichs verifizieren lassen. Daneben sollen – zweitens - die Unternehmen als Akteure im Strukturwandel, als wesentliche ‚Transmissionsriemen’ und ‚Agenten’ des gesamtgesellschaftlichen Wandels jener Jahre herausgestellt werden. Sie trugen nachhaltig dazu bei, neue Lebensstile und –formen auf Dauer zu etablieren. In der Rekonstruktion ihrer Entwicklung, so eine weitere These, liegt mithin ein Schlüssel zur Dechiffrierung des sozialökonomischen und kulturellen Wandels jener Zeit. Entsprechend hat das Teilprojekt, drittens, konkret das Ziel, in komparativ-beziehungsgeschichtlicher Perspektive für die BRD und die DDR die Branchenstrukturen und Marktbedingungen für beide Branchen zu analysieren, die Beziehungen von ausgewählten Unternehmen zur gesellschaftlichen Umwelt und ihre Verarbeitung des Strukturwandels sowie ihre Marketing- , Personal- und Organisationsstrategien als akteursspezifische Antworten auf die strukturellen Veränderungen im Zeitverlauf zu beleuchten.

 

Kontakt

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Historisches Seminar
Wirtschafts- und Sozialgeschichte
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